Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Wanfried hat in ihrer Sitzung am 19.11.2021 ihre grundsätzliche Zustimmung zu einem der größten Investitionsprojekte in der neueren Geschichte der Stadt gegeben. Dabei plant die Stadt in großen Teilen des Stadtgebietes den Ausbau der Breitbandverkabelung mit einem Glasfaseranschluss in die einzelnen Häuser.
Ausgangslage
Die digitale Transformation schreitet in allen gesellschaftlichen Bereichen voran. Dabei gehört der Anschluss an eine schnelle Internetverbindung mittlerweile zur kommunalen Grundversorgung. Auch für eine zukunftsorientierte Stadtentwicklung ist ein flächendeckendes Hochgeschwindigkeitsnetz unverzichtbar, will eine Kommune vom standortunabhängigen Arbeiten und Konzepten des New Work profitieren.
Im Rahmen der bundes- und landesweiten Gigabitstrategie wird das Ziel verfolgt, Kommunen flächendeckend mit Gigabitanschlüssen bis Ende 2025 und Glasfaseranbindung mit Inhouse-Verkabelung bis 2030 zu versorgen.
Bisheriger Ausbau
Damit die globale Zielsetzung der Gigabitstrategie örtlich umgesetzt werden kann, bedarf es lokaler Akteure und interorganisatorischer Konzepte. Eine diesbezüglich wichtige Beteiligte ist die Breitband Nordhessen GmbH (BNG).
Die BNG führte dazu bisher in fünf nordhessischen Landkreisen und hierbei u. a. auch im Werra-Meißner-Kreis ein Breitbandausbauprojekt durch. Die BNG errichtete hierbei Glasfaserinfrastrukturen, die an ein Betreiberunternehmen, und zwar die Netcom Kassel Gesellschaft für Telekommunikation mbH (Netcom), verpachtet wurden. „Wir als Kommunen des Kreises haben dieses Projekt stets positiv begleitet und bürgen anteilig für den wirtschaftlichen Rückfluss,“ bekräftigt Bürgermeister Wilhelm Gebhard. Die BNG wird von den Landkreisen Kassel, Schwalm-Eder, Hersfeld-Rotenburg, Waldeck-Frankenberg und Werra-Meißner als Gesellschafter getragen.
Der bisherige Ausbau fand in der sogenannten FTTC-Variante statt (FTTC steht für „Fiber to the Curb“). Hierbei wurden vorhandene Kabelverzweiger im Netz der Deutschen Telekom mit Glasfaser angebunden. Von den Kabelverzweigern ausgehend werden vorhandene Teilnehmeranschlussleitungen der Telekom (Kupfer) benutzt, um breitbandige Dienstleistungen anbieten zu können. Die Ausbaumaßnahme der BNG ist nunmehr flächendeckend abgeschlossen, sodass aktuell der Großteil der Bevölkerung mit einem Internetanschluss von mindestens Megabit pro Sekunde erschlossen ist.
Neue Ausbaustufe
Die nächste Stufe innerhalb der Gigabitstrategie stellt nunmehr der Lückenschluss der Glasfaserverkabelung zwischen Verteilerkasten und Gebäude dar (FTTH/B). Für diesen weiteren Ausbau ist kein landkreisübergreifendes Projekt geplant. Die Erschließung muss dezentral von den jeweiligen Kommunen erfolgen.
„Bereits im Zuge der Errichtung des Nahwärmenetzes hatten wir intensive Bemühungen unternommen, Leerrohre für Glasfaser in die betroffenen Häuser zu verlegen. Dies war aus formalen Gründen leider gescheitert. Wir haben die Thematik stets weiterverfolgt und sind überzeugt, dass wir mit dem Projekt einen echten Mehrwert für die Menschen von Wanfried schaffen können,“ zeigt sich Verwaltungsleiter Christoph Hoffmann begeistert, der das Projekt federführend initiiert hatte.
Kooperation
„Ein Projekt dieser Größenordnung braucht zuverlässige Partner. Es ist daher unumgänglich, dass wir gemeinsam mit der BNG eine Realisierung vornehmen, damit die Eigentums- und Verpachtungsrechte zukünftig professionell betreut werden können,“ erläutert Gebhard. Die zu errichtenden Infrastrukturen sollen in das Eigentum der BNG übergehen, um die existierenden Bestandsinfrastrukturen zu komplettieren. Ein diesbezüglicher Kooperationsvertrag liegt bereits vor und ist die Basis der weiteren Projektrealisierung.
Erschließungsgebiet
Die Stadt Wanfried kann aktuell nur die Bereiche ausbauen, wo auch zuvor ein Ausbau der BNG stattgefunden hat. Dies war in der Kernstadt und den Stadtteilen Altenburschla, Heldra und Völkershausen der Fall. „Somit gibt es aktuell rechtlich und tatsächlich keine Möglichkeit, den Stadtteil Aue in diesem Projekt auszubauen. Wir werden sehen, ob wir mit privaten Marktteilnehmern entsprechende Ausbaupläne entwickeln können,“ bekräftigt Gebhard die Zielsetzung. Außerdem kann in der ersten Förderstufe nur der Bereich erschlossen werden, der aktuell nicht durch das Unternehmen Vodafone (ehemals Unitymedia) bereits versorgt ist. „Das sind aktuell in Wanfried ca. 700 Anschlusspunkte. Die Experten gehen davon aus, dass ab dem Jahr 2023 diese Förderschwelle ebenfalls wegfallen wird, sodass auch die weiteren Gebiete förderfähig werden,“ erläutert Hoffmann. Die Stadtverordnetenversammlung hat in ihrer Beschlussfassung bereits dem größtmöglichen Ausbau zugestimmt.
Kosten
Für den Ausbau des Glasfasernetzes hat die Stadt Wanfried bereits eine detaillierte Zielnetzplanung durchgeführt. Der Gesamtausbau der ca. 1.850 Anschlusspunkte wird aktuell auf rund 12,6 Mio Euro geschätzt. „Es ist eine historische Möglichkeit einen solchen Ausbau zu finanzieren, da sich der Bund mit 50 v. h. und das Land mit 40 v. H. an den Investitionskosten beteiligt. Der verbleibende Eigenanteil kann über die Projektlaufzeit aus dem städtischen Haushalt finanziert werden,“ erklären Gebhard und Hoffmann die Finanzierung des Projektes. „Inwieweit wir sogar den verbleibenden Eigenanteil durch eine Umsatzbeteiligung refinanzieren können, muss zu gegebener Zeit verhandelt werden, wenn ein Netzbetreiber gefunden wurde,“ beschreiben Hoffmann und Gebhard den weiteren finanziellen Rahmen.
Zeitplan
Nachdem die Stadtverordnetenversammlung ihre grundsätzliche Zustimmung erklärt hat, wird das Jahr 2022 von weiteren Planungen geprägt sein. Die Vorbereitung des Förderantrages und der Aufbau eines Projektmanagements sind die Schwerpunkte. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass es aufgrund des zwingend durchzuführenden Markterkundungsverfahrens, weitere private Anbieter gibt, die den Ausbau selber betreiben wollen und das Projekt so noch einmal verändert wird,“ gibt Gebhard einen Einblick. „Wir müssen aktuell die Bevölkerung um Geduld bitten, da viele Detailfragen zu klären sind. Wir planen umfangreiche Informationsveranstaltungen zu der Thematik, “ so Gebhard abschließend.