Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
zu Beginn des neuen Jahres erhalten Sie Ihren Bescheid mit der Festsetzung der Wasser- und Abwassergebühren. Wir freuen uns, dass die Gebühren im Jahr 2024 stabil bleiben und nicht angepasst werden mussten. Die postalische Zustellung Ihres Bescheids nutze ich, um mich mit einigen persönlichen Zeilen an Sie zu wenden.
Zunächst wünsche ich Ihnen und Ihren Familien für das Jahr 2024 auch auf diesem Weg alles erdenklich Gute, viel Gesundheit, Glück und Zufriedenheit.
Das Jahr 2023 war in jeder Hinsicht herausfordernd, zudem mit Höhen und mit vielen Tiefen verbunden. Insgesamt würde ich 2023 als sehr durchwachsen bezeichnen. Die Nachrichtenlage unterstreicht diesen Eindruck. In Zeiten wie diesen, in denen die Welt ins Wanken zu geraten scheint, sollten wir hier vor Ort enger zusammenrücken, uns nicht von der allgemeinen Hektik anstecken lassen, uns auf das besinnen, was uns stark macht, was wir schätzen, uns an dem erfreuen, was gut funktioniert und wieder mehr Gemeinschaft wagen. Das gibt uns die nötige Kraft, die Herausforderungen in der Heimat besser zu meistern.
Das Aufgabenspektrum, die Komplexität der Aufgaben, die Projektvielfalt, die erdrückende Bürokratie und das allgemeine Anspruchsdenken nehmen Jahr für Jahr zu. Und das in einer Zeit, in denen Fachkräfte fehlen und Personalfluktuation auch vor der öffentlichen Verwaltung keinen Halt mehr macht. An dieser Stelle danke ich unserem langjährigen Verwaltungsleiter Christoph Hoffmann, der seit Mai 2023 beim Hessischen Landkreistag tätig ist und dort das Referat Finanzen leitet. Für die Stadt Wanfried ein Verlust, für den Landkreistag ein Gewinn.
Erleichtert dürfen wir feststellen, dass das Jahr 2023 nach Corona wirklich das erste war, in dem eigentlich fast alle Veranstaltungen wieder uneingeschränkt ausgerichtet werden konnten; so wie wir sie aus der Zeit vor Corona kennen. Corona ist nicht weg, aber die Erkrankung hat ihren Schrecken verloren. Gut so! Das Jahr 2023 war deshalb schon anders und lebendiger als die Vorjahre. Den Vereinen und Verbänden bin ich sehr dankbar, dass sie das kulturelle und gesellschaftliche Leben wieder vollumfänglich aufgenommen haben und uns viele gute Veranstaltungen geboten wurden.
Ein Rückblick auf 2023 – Gewesenes und Erreichtes
Im Juni war unser Ministerpräsident Boris Rhein zu Gast in Wanfried, um den östlichsten Gemarkungspunkt des Bundeslandes Hessen zu besuchen und wir konnten im Frühjahr endlich wieder unsere Freunde aus unseren beiden französischen Partnergemeinden im Werratal begrüßen.
Die Fußballer des VfL Wanfried feierten im Mai die Meisterschaft in der Kreisoberliga und damit den direkten Aufstieg in die Gruppenliga – eine historische Leistung. Knapp 700 ehemalige Wanfriederinnen und Wanfrieder, die in der ganzen Welt zuhause sind, haben erneut Post aus der alten Heimat erhalten. Im Rahmen des 455. Wanfrieder Vogelschießens wurde Uwe Roth nach 25 Jahren Tätigkeit als Symbolfigur der Stadt Wanfried gebührend verabschiedet und Sohn Christian in die Nachfolge als Brombeermann eingeführt. Brauchtum und Tradition tun gut und sind identitätsstiftend. Im September erlebten wir mit dem 1. Wanfrieder Plesse-Cup ein gelungenes Seifenkistenrennen des neu gegründeten Vereins Rennkistenfreunde Wanfried e.V.! Ebenfalls im September haben wir erstmals sehr erfolgreich ein Straßenfest in der Marktstraße und im Oktober einen Anerkennungsabend für unsere aktiven Feuerwehrkameradinnen und -kameraden organisiert und gefeiert. Vorausgegangen war die Wahl und Ernennung von Daniel Trenk zum neuen Stadtbrandinspektor – nochmals herzlichen Glückwunsch. An dieser Stelle danke ich seinem Vorgänger Benedikt Beckmann, der über ein Jahrzehnt große Verantwortung übernommen hat und sich aufopferungsvoll in den Dienst der Feuerwehren und damit in die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger gestellt hat.
Ein weiterer Höhepunkt stellte für viele von uns sicherlich die Wiedereröffnung des Plesseturms am Tag der Deutschen Einheit dar. Nach grundhafter Sanierung, die wir dem eigens dafür gegründeten Förderverein zu verdanken haben, trotzt er nun wieder jedem Wetter. Leider haben sich bei dem Projekt unerwartete Mehrkosten eingestellt. Die Presse berichtete darüber. Jeder noch so kleine Spendenbetrag hilft, den Verein bei der Finanzierung der entstandenen Kosten zu unterstützen. Wenn Sie das Projekt also noch unterstützen möchten und können, freut sich der Förderverein Plesseturm e.V. über eine Spende. Die Kontoverbindung lautet: IBAN DE05 5225 0030 0005 0040 07
Persönlich durfte ich im März nach 18-jähriger Tätigkeit den Vereinsvorsitz des VfL Wanfried e.V. in neue Hände geben und habe mit großer Überzeugung die Kampagne „Sauberhaftes Wanfried“ ins Leben gerufen, zu der ich zahlreiche Mitbürgerinnen und Mitbürger zum Mitmachen motivieren konnte. Das hat mich persönlich sehr gefreut. Auf diesem Weg sage ich allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die sich, auf welchem Weg auch immer, für ein sauberes und gepflegtes Ortsbild in Wanfried und in den Stadtteilen einsetzen, ein aufrichtiges Dankeschön! So lange ich das Amt des Bürgermeisters noch begleiten darf, müssen Sie meinen Ordnungs- und Sauberkeitsfimmel weiter ertragen. Ich meine, der Einsatz lohnt sich – für uns alle! Ich lade Sie alle herzlich ein, Teil eines sauberhaften Wanfrieds zu sein. Getreu dem Motto „Frage nicht, was Deine Stadt für Dich tun kann, sondern Du für Deine Stadt!“
Im Dezember 2023 konnten die Tiefbauarbeiten für den flächendeckenden Glasfaserausbau in Wanfried und in den Stadtteilen weitestgehend beendet werden. Der Ausbau hat uns allen viel abverlangt, besonders im Straßenverkehr. Auch die Stadtverwaltung war durch die zahlreichen Eingriffe in den Straßenverkehr erheblich gefordert.
Die Restarbeiten werden in Kürze erfolgen. Das Netz soll im Frühjahr/Sommer 2024 in Betrieb gehen. Auch haben wir den barrierefreien Bushaltestellausbau in Altenburschla und Heldra abgeschlossen. In Kürze sollen die beiden Haltestellen in der Bahnhofstraße folgen. Menschen mit Handicap bzw. älteren Mitmenschen erleichtern wir damit die Nutzung des ÖPNV. Auch Aue und Völkershausen sollen noch folgen. Darüber hinaus hat die Stadt Wanfried weiter in den Brandschutz investiert. In den Stadtteilen Aue und Völkershausen konnten je eine neue Fahrzeughalle für die Feuerwehren angebaut, eingeweiht und an die Einsatzabteilungen übergeben werden. In Völkershausen hat zudem der Straßenendausbau im Neubaugebiet „Vor dem Asbach“ stattgefunden und unser Bauhof hat einen neuen Traktor erhalten, wovon wir speziell beim Winterdienst alle profitieren werden. Zudem wurde ein Verkehrsversuch in der Wanfrieder Marktstraße durchgeführt, der für viel Gesprächsstoff sorgte. Ziel des Verkehrsversuchs ist eine Verkehrsberuhigung der Marktstraße, verbunden mit einer Steigerung der Attraktivität und der Aufenthaltsqualität in der Wanfrieder Innenstadt, wie bereits seit Jahren immer wieder gefordert wurde.
Mit Blick auf die wirtschaftliche Gesamtlage in Deutschland ist die Stadt Wanfried mit der Entwicklung in 2023 noch zufrieden, wenngleich die Vorboten auf eine Verschlechterung spürbar sind. Die wirtschaftliche Situation in den Firmen, Betrieben und im Handwerk scheint weitestgehend stabil geblieben zu sein. Die Gewerbesteuer ist weiter auf einem hohen Niveau und die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Wohn- und am Arbeitsort Wanfried ist in den vergangenen Jahren langsam, aber kontinuierlich angestiegen. Vom flächendeckenden Glasfaserausbau versprechen wir uns neue Impulse.
Was vor uns liegt
Das Jahr 2024 wird in jeder Hinsicht spannend und herausfordernd. Die finanzielle Lage der Städte und Gemeinden und die des Landkreises verschlechtert sich. Das Jahr 2024 ist als Brückenjahr zu betrachten. Vieles wird noch aus vorhandenen Liquiditätsreserven zu finanzieren sein. Hier haben wir in den vergangenen Jahren vorgesorgt und gut gewirtschaftet. In 2025 soll sich dann mit aktuellem Kenntnisstand eine nochmalige Verschlechterung der Situation einstellen. Grund genug, sich schon jetzt intensive Gedanken zur zukünftigen Ausgestaltung des Haushaltsplans zu machen.
Wir freuen uns auf den Umzug der Grundschule in den neuen und modernen Schulcampus, der für Sommer oder Herbst 2024 angekündigt ist. Der Landkreis hat hier weit über 10 Mio. € in die Bildung unserer Kinder investiert. Ebenso dürfen wir uns auf den Baustart des Projekts der Sparda-Bank Hessen freuen, die im Rahmen des Projekts „Mensch Zukunft“ aus einem alten Fachwerkhof in der Marktstraße einen Begegnungs- und Kulturort mit barrierefreiem Wohnraum im Herzen der Stadt schaffen wird. Hier sollen knapp 4 Mio. € investiert werden. Wanfried wurde hierzu als Modellkommune ausgewählt, weil der Sparda-Bank Hessen das Engagement der Stadt Wanfried und der „Bürgergruppe für den Erhalt der Wanfrieder Häuser“ im Hinblick auf das Leerstandsmanagement positiv aufgefallen war.
Der Verkehrsversuch in der Marktstraße soll in Verbindung mit der Bürgerschaft zu einem guten Ende gebracht und dabei eine größtmögliche Akzeptanz erreicht werden. Hierzu sollen im ersten und im zweiten Quartal weitere Bürgerbeteiligungsformate stattfinden. Diese Beteiligungsformate wurden im Vorfeld des Verkehrsversuchs leider nur von wenigen Teilnehmern genutzt. Umso mehr überraschte die Heftigkeit der geäußerten Kritik. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass die Beteiligung in der zweiten Runde deutlich besser sein wird.
Die Thematik sollte in 2024 in jedem Fall mit mehr Sachlichkeit angegangen werden. Fakt ist, dass die Marktstraße in den vergangenen zwei Jahrzehnten zahlreiche Einzelhandelsgeschäfte verloren hat. Sie ist mehr und mehr zur reinen Durchgangsstraße geworden und weist trotz Umgehungsstraße täglich 5.000 Fahrzeugbewegungen auf. Davon sind 2.000 Fahrzeuge dem reinen Durchgangsverkehr zuzuordnen, von dem keine Besorgung ausgeht. Die großen Märkte auf der grünen Wiese haben den Anfang einer negativen Entwicklung gemacht. Amazon & Co. haben endgültig das Einkaufsverhalten der Menschen derart verändert, dass der kleine Einzelhändler um die Ecke keine Zukunft mehr für sich sah. Eine Entwicklung, die viele Städte und Gemeinden deutschlandweit beklagen. Die vielen leeren Schaufenster in der Marktstraße sind Zeugnisse dieser Entwicklung. Gastronomisch und wohnlich hat sich im Gegenzug einiges getan. Erste ehemalige Ladenlokale wurden und werden zu Wohnräumen umgebaut. Auch das einstige Hotel „Wanfrieder Hof“ ist mit der Tagespflege im Erdgeschoss und den betreuten Wohneinheiten im ersten Obergeschoss ein Gewinn für Wanfried und ein Blickfang in der Marktstraße geworden. Speziell an barrierefreiem Wohnraum mangelt es in Wanfried, wie ich aus zahlreichen Gesprächen weiß. Würden sich dafür die verwaisten Ladenlokale nicht hervorragend eignen? Ich persönlich bin der Überzeugung, dass die Marktstraße weiterhin in alle Richtungen befahrbar bleiben muss, um den verbliebenen Einzelhandel, die Gastronomie und die Dienstleister gut zu erreichen, der Verkehr aber aus o.g. Gründen verlangsamt und weniger werden sollte. Die Außengastronomie und die Anwohner würden davon in jedem Fall profitieren. Hauseigentümer müssen wir durch geeignete Rahmenbedingungen motivieren, weiter in ihre Immobilien zu investieren. Wir sollten Veränderungen immer eine Chance geben. All das möchte ich aber gerne mit Ihnen und den politischen Gremien weiter sachlich beraten. Der Verkehrsversuch war der erste Aufschlag dazu und dient sicherlich als gute Diskussionsgrundlage. Wenn wir am Ende des Prozesses zum Ergebnis kommen, dass wir in einer verkehrlichen Veränderung der Marktstraße keinen Sinn sehen und wir wieder den Stand vor dem Verkehrsversuch herstellen wollen, dann ist das eine demokratische Entscheidung, die es zu akzeptieren gilt. Aber einen Versuch ist es wert, meine ich.
Persönliches
Es ist für mich als Bürgermeister deutlich zu spüren, dass sich in der Gesellschaft etwas verändert – leider nicht zum Positiven. Viele Mitmenschen werden ungeduldiger, ungehaltener, teilweise auch aggressiver. Beleidigungen, Beschimpfungen, Verunglimpfungen und sogar Bedrohungen nehmen deutlich zu. Davon sind wir Verantwortungsträger, aber bspw. auch Einsatz- und Hilfskräfte, Servicepersonal und viele mehr betroffen – auch ich persönlich musste das mittlerweile mehrfach erleben. Am unteren Ende unseres demokratischen Staatsaufbaus entlädt sich scheinbar die allgemeine Verärgerung und die zunehmende Verunsicherung. Die hohe Inflation belastet die Menschen und die Familien, häufige Meldungen über sinkende Wirtschaftskennzahlen machen die berechtigten Zukunftssorgen nicht besser und die täglich schlimmen Bilder aus aller Welt über Krieg, Flucht und Vertreibung tun ihr Übriges. Das macht etwas mit uns! Wie ich eingangs aber bereits gesagt habe, wünsche ich mir wieder mehr Miteinander und weniger Gegeneinander, besonders hier vor Ort. Die Stadtverwaltung und die städtischen Gremien sind Teil unserer Gemeinschaft. Sie alle setzen sich täglich ehren- und hauptamtlich für Wanfried ein. Facebook und Co. eignen sich gewiss hervorragend, um sich Luft zu machen und seine Meinung zu äußern.
Ärgerlich wird es, wenn nachweislich falsche Aussagen verbreitet werden. Wenn ein Sachverhalt unklar ist oder nicht nachvollzogen werden kann, lade ich Sie ein, sich aus erster Hand zu informieren. Die Kontaktdaten der politisch Verantwortlichen sind bekannt.
Ich persönlich werde weiterhin meinen Beitrag dazu leisten, mich konstruktiv und sachlich mit den Fragen und Problemen unserer Zeit auseinander zu setzen.
In diesem Sinne, nochmals alles erdenklich Liebe und Gute für 2024.
Mit herzlichen Grüßen aus dem Wanfrieder Rathaus.
Ihr
Wilhelm Gebhard
Bürgermeister